Metro will sich aufspalten

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Der Befreiungsschlag

von: Florian Kolf und Georg Weishaupt

Datum: 30.03.2016 19:26 Uhr

Der Handelsriese Metro will sich aufspalten. Die Anleger jubeln, denn sie halten die Einzelteile für wertvoller als das bisherige Ganze. Gleichzeitig mindert Vorstandschef Koch den Einfluss seines schärfsten Gegners.

Olaf Koch Handelsblatt

Der 45-Jährige plant, den Bereich Konsumelektronik mit den Handelsketten Media Markt und Saturn in eine eigenständige, börsennotierte Gesellschaft abzuspalten.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf – Kurz nach seinem Amtsantritt als Metro-Chef im Januar 2012 setzte Olaf Koch ein Zeichen. Er verlegte sein Büro vom Hauptgebäude der Düsseldorfer Zentrale, der Brücke 1, zur Brücke 13, von wo das Tagesgeschäft der Großhandelsmärkte geführt wird. Damit rückte er „Cash & Carry“ wieder in den Fokus des Handelskonzerns – die Sparte, mit der bei Metro vor gut 50 Jahren alles begann.

Heute, vier Jahre später, vollendet Koch die Rückbesinnung auf die Wurzeln. Der 45-Jährige plant, den Bereich Konsumelektronik mit den Handelsketten Media Markt und Saturn und einem Umsatz von knapp 22 Milliarden Euro in eine eigenständige, börsennotierte Gesellschaft abzuspalten.

Er selbst will dann nur noch das Großhandelsgeschäft und die Real-Supermärkte führen, die zusammen auf einen Umsatz von rund 37 Milliarden Euro kommen. „Wir wollen zwei börsennotierte internationale Marktführer schaffen“, betont der Metro-Chef. Dem Handelsblatt sagte er: „Ich definiere meinen Job nicht über Machtfaktoren.“

Für Koch wäre die Teilung auch ein Befreiungsschlag. „Metro steckt schon länger in einer strategischen Zwickmühle – die Aufspaltung ist eine gute Möglichkeit für eine bessere Entwicklung der unterschiedlichen Bereiche“, lobt der Wiener M&A-Experte Christopher Kummer. Das sehen auch die Anleger so: Nach der Ankündigung schnellte die im MDax notierte Aktie teils um mehr als 14 Prozent auf gut 28 Euro in die Höhe.

Die Synergien zwischen den beiden Bereichen seien begrenzt, begründet Koch die Trennung. Künftig bestehe für beide Aktien eine klare, fokussierte Investmentthese. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Mit der Trennung kämpft sich Koch auch ein Stück weit von Erich Kellerhals frei, seinem größten Widersacher. Seit Jahren tobt ein erbitterter Streit zwischen Metro und dem Minderheitseigner von Media-Saturn. Zwar behält Kellerhals seine Vetorechte, wird aber mit seiner Streitlust in die neue AG abgeschoben – weit weg vom künftigen Kerngeschäft.

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An den neu entstehenden Gesellschaften sollen die bisherigen Metro-Aktionäre entsprechend ihrer Anteilsquote beteiligt werden. Die Trennung soll bis Mitte 2017 vollzogen sein – vorausgesetzt, der Aufsichtsrat und die Anteilseigner sind einverstanden. Chefkontrolleur Jürgen Steinemann signalisierte bereits Zustimmung. „Ich glaube fest daran, dass eine Aufteilung des Konzerns in zwei unabhängige und fokussierte Unternehmen im besten Interesse aller Beteiligten wäre.“ Auch die Großaktionäre Haniel, Schmidt-Ruthenbeck und Beisheim, die zusammen knapp unter 50 Prozent der Aktien halten, unterstützen das Vorhaben.

Eigentlich könnte Olaf Koch ganz zufrieden sein. „Wir haben jetzt ein kerngesundes Unternehmen, und unsere Verschuldung ist so niedrig wie noch nie in der Unternehmensgeschichte“, schwärmt der Metro-Chef, schiebt aber gleich hinterher: „Das ist nicht gut genug.“ Er sieht noch „erhebliches Zusatzpotenzial“ – und will den Düsseldorfer Handelskonzern aufspalten.

Doch bis das gehoben werden kann, ist es noch ein weiter Weg. Der Eingriff in die Struktur ist fundamental und bislang erst in kleinem Kreis in Grundzügen vorbereitet worden. Viele Posten im Management und in den Aufsichtsräten müssen neu besetzt werden, selbst die Namen für die beiden entstehenden Börsengesellschaften stehen noch nicht fest. Die Mitarbeiter wurden am Mittwoch zeitgleich mit der Öffentlichkeit in Betriebsversammlungen an den einzelnen Standorten über die Veränderungen bei ihrem Arbeitgeber informiert.

Auf jeden Fall bedeutet es einen gravierenden Einschnitt in der Konzerngeschichte. Die Metro AG, 1996 entstanden durch die Verschmelzung der Großhandelkette Metro mit den Handelsunternehmen Asko Deutsche Kaufhaus AG, Kaufhof Holding AG und Deutsche SB-Kauf AG, war lange ein Gemischtwarenladen. Von vielen Töchtern wie dem Schuhhändler Reno, der Baumarktkette Praktiker oder den Adler Modemärkten haben sich Kochs Vorgänger bereits vor Jahren getrennt. Der 45-Jährige führt die Entwicklung nun radikal zu Ende: Er zerschlägt Metro.

„Die Aufspaltung in die Bereiche Elektronikgeräte- und Lebensmittelhandel ist sinnvoll“, lobt Joachim Stumpf von der BBE Handelsberatung. „Im Grunde wird die Neuordnung der Metro damit konsequent fortgesetzt, nachdem Kaufhof im vergangenen Jahr verkauft wurde.“ In Zukunft könnten sich die einzelnen Bereiche deutlich besser auf ihren jeweiligen Markt konzentrieren.

In der Tat ist die geplante Teilung erst durch den Verkauf von Kaufhof an die kanadische Hudson’s-Bay-Gruppe möglich geworden. Mit dem Verkaufserlös von 2,8 Milliarden Euro konnte die Verschuldung des Konzerns so weit gedrückt werden, dass Metro überhaupt erst über eine separate Börsennotierung der Elektroniksparte nachdenken konnte. Der jüngst erfolgte Verkauf des Großhandelsgeschäfts in Vietnam hat die Bilanz zusätzlich gestärkt. „Wir haben uns die Möglichkeit, diesen Schritt zu gehen, hart erarbeitet“, sagt Koch.

Auch die Verbesserung im operativen Geschäft hat ihren Teil dazu beigetragen. So hat Media-Saturn seit sechs Quartalen in Folge den Umsatz auf vergleichbarer Fläche gesteigert. Das Geschäft, das über Jahre Kochs größtes Sorgenkind war, ist wieder nachhaltig profitabel. Auch im lange verschlafenen Onlinehandel haben die Elektronikketten Boden gutgemacht. Führen soll diesen Bereich nach der Abspaltung Pieter Haas, der bisher schon die Media-Saturn-Geschäftsführung leitet.

Koch dagegen will sich künftig auf das Großhandelsgeschäft konzentrieren und innerhalb dessen besonders auf die margenstarke Belieferung von Großkunden in der Gastronomie. Diesen Service hat Metro durch den Zukauf von Classic Fine Foods in Asien und Rungis Express in Deutschland jüngst noch gestärkt. Ein Problem für Koch ist und bleibt die Supermarktkette Real. Dort sieht sich der Metro-Chef bei den Personalkosten bis zu 30 Prozent über vielen Wettbewerbern und hat deshalb den Tarifvertrag gekündigt. Nun verhandelt das Unternehmen mit den Arbeitnehmern über einen neuen Tarif – allerdings bisher ergebnislos.

Mit der geplanten Aufspaltung liegt Koch im Trend. Viele Konzerne gehen wieder weg von Konglomeraten hin zu einer stärkeren Fokussierung. „Der Druck zu einer klaren strategischen Ausrichtung steigt“, beobachtet Christopher Kummer, Präsident des Institute of Mergers, Acquisitions and Alliances (IMAA) in Wien. Größe als Selbstzweck und ohne entsprechende Profitabilität mache wenig Sinn.

Das sieht auch Koch so. Für die künftigen Bereiche sieht der Metro-Chef gute Wachstumschancen, organisch wie durch Übernahmen. „Beide Unternehmen haben die Voraussetzungen für eine Notierung im MDax.“

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