FUSIONSWELLE – Wie eine Übernahme nicht floppt
Zurzeit jagt eine große Übernahme die nächste. Doch nicht immer bedeutet ein teurer Zukauf auch einen hohen Zugewinn für das kaufende Unternehmen. Wie eine Übernahme gelingen kann und wie man sie in den Sand setzt.
Düsseldorf. Apple war nie ein großer Freund von Übernahmen, jetzt lässt sich das Unternehmen wohl doch vom Übernahme-Virus anstecken und will das vom US-Rapper Dr. Dre gegründete Kopfhörer-Unternehmen Beats kaufen – und steht damit vor dem größten Zukauf seiner Firmengeschichte. Eine Übernahmemeldung jagt derzeit die nächste: Der Pharmariese Pfizer buhlt um Astra-Zeneca, Bayer greift nach einer Sparte des US-Konkurrenten Merck & Co., und Alstom macht Siemens und General Electric schöne Augen. Die Liste ließe sich weiter führen, es ist das Frühjahr der Firmenfusionen.
Bereits in den ersten vier Monaten des Jahres haben die M&A-Aktivitäten allein in der Pharma- und Biotech-Branche das Rekordvolumen des Jahres 1999 überschritten, zeigen Zahlen von Christopher Kummer vom Institute of Mergers, Acquisitions and Alliances (IMAA) in Wien. Damals gab es 526 Übernahmen im Gesamtwert von 227 Milliarden Euro. Seit Jahresbeginn 2014 wurden bereits Deals im Wert von 234 Milliarden Euro abgewickelt. „Das Neue ist das Comeback der großen Deals, die wir gerade sehen“, sagt Kummer. „Die Anzahl der Übernahmen hat nicht zugelegt, sondern die Transaktions-Volumina.“
Doch nicht immer führt eine teure Übernahme auch zum ebenso wertigen Erfolg. Experten zufolge floppt nahezu jeder zweite Zusammenschluss. „Wir erleben häufig, dass Übernahmen scheitern, weil zu wenig Ressourcen und Budget für die Integration bereitgestellt werden“, sagt Samy Walleyo, Partner und M&A-Spezialist bei der Unternehmensberatung EY.
Das Schweizer Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche sicherte sich 2008 für 46,7 Milliarden Dollar die amerikanische Biotech-Firma Genentech. Die Übernahme gilt als Glückgriff, da Roche als weltweit führender Produzent von Krebsmedikamenten von der Genforschung Genentechs profitiert. Roches bekanntes Vogelgrippe-Medikament Tamiflu (hier im Bild) hingegen stand mehrfach in der Kritik. Der Schweizer Konzern soll Studien zur Wirksamkeit des Medikaments manipuliert haben. Quelle: Reuters
PFIZER, ROCHE UND SANOFI
Die größten Deals in der Pharma-Branche
Vor allem in der Pharmabranche wird zurzeit kräftig zugekauft. Denn die Konzerne sehen sich gleich von mehreren Seiten unter Druck. Die Sparbemühungen vieler Staaten im Gesundheitswesen – etwa in den USA oder Europa – drücken auf die Gewinne, weil der Staat weniger Mittel bestellt. Gleichzeitig macht den Konzernen der Ablauf von Patenten für wichtige Produkte zu schaffen.
Manch langjähriger Kassenschlager verliert so praktisch über Nacht stark an Umsatz und Ertragskraft. Außerdem erweist sich die Entwicklung neuer Medikamente als immer schwieriger.
Der Viagra-Hersteller Pfizer, der momentan an der Übernahme seines britischen Konkurrenten Astra-Zeneca arbeitet, hat etwa seit dem Jahr 2000 gut 244 Milliarden Dollar in Übernahmen investiert. Pfizer steht unter besonderem Druck, denn der Patentschutz für den einstigen Kassenschlager des Konzerns, den Blutfettsenker Lipitor, ist ausgelaufen, und auch beim Potenzmittel Viagra ist in wichtigen Märkten inzwischen der Weg für preisgünstigere Nachahmerpräparate frei.