Übernahmevolumen knacken Rekorde
Pharmakonzerne lassen sich Übernahmen in der Biotechbranche derzeit wieder einiges kosten, wie Roche eindrucksvoll zeigt. Die Deals werden in Summe immer größer.
Auslaufende Patente nagen an den Einnahmen der großen Pharmakonzerne. Und weil der Nachschub aus der eigenen Produktpipeline die Ausfälle oft nur bedingt ausgleichen kann, setzen die Unternehmen weiter auf Zukäufe. Wie das aktuelle Gebot des Schweizer Roche-Konzerns für die US-Biotechfirma InterMune zeigt, oft zu Preisen, die auf den ersten Blick absurd anmuten.
Großes Potenzial
Roche bietet 74 $ je Aktie in bar, womit InterMune in Summe mit 8,3 Mrd. $ bewertet wird. Dabei setzte das defizitäre Unternehmen im zweiten Quartal gerade einmal 35,7 Mio. $ um, die zur Gänze mit einem einzigen Produkt erzielt wurden. Es heißt Esbriet und ist zur Behandlung von idiopathischer Lungenfibrose in Europa, Kanada und Japan auf dem Markt. Analysten attestieren dem Medikament allerdings Umsatzpotenzial in Milliardenhöhe, zumal es auf dem weltgrößten Pharma-Markt, den USA, noch gar nicht verkauft wird. Roche rechnet damit, dass die Arzneimittelbehörde FDA noch in diesem Jahr grünes Licht gibt.
Die Analysten der Zürcher Kantonalbank halten den Preis, den Roche zahlt, dennoch für äußerst hoch. Laut UBS müsste der Patentschutz für Esbriet bis 2025 halten, damit sich die Übernahme rechnet. Falls der Schutz schon 2023 ausläuft, müsste das Lungenmedikament bis 2020 einen Umsatz von 4,2 Mrd. $ erreichen. Der Marktkonsens geht für 2019 von einer Milliarde $ aus.
Tauschgeschäfte
Der Deal von Roche reiht sich in eine Vielzahl vonÜbernahmegeboten in diesem Jahr ein, wobei der volumenmäßig größte davon am Widerstand desAstraZeneca-Managements (vorerst) gescheitert ist. Der US-Konzern Pfizer hatte im Mai rund 117 Mrd. $ für die Übernahme des britischen Konzerns geboten, wobei laut britischem Übernahmerecht ab 26. August – also heute – dazu wieder Gespräche aufgenommen werden dürfen.
Laut Christopher Kummer, Direktor vom Institut für Fusionen, Akquisitionen und Allianzen, können Übernahmeversuche aber auch erst Monate oder Jahre später wieder aufgewärmt werden. “Wenn Unternehmen zur Übernahme vorgesehen waren, bleiben sie immer auch angeschlagen zurück”,so der Experte. Deswegen könnte es Pfizer später noch einmal probieren oder auch jemand anderer. Es gäbe sogar Strategien die genau darauf abzielen, erst dann einzusteigen, wenn ein Übernahmeversuch gescheitert sei.
Laut Kummers Aufstellung rangiert der Roche-Deal auf Platz acht unter den größten Fusionen und Übernahmen in diesem Jahr. Darunter auch auffallend viele Portfoliobereinigungen. Novartis etwa verkauft sein Impfstoffgeschäft an GlaxoSmithKline und übernimmt im Gegenzug dessen Onkologiesparte.
Generell hat der Transaktionswert aller M&A-Ankündigungen von Jänner bis 24. August 2014 bereits jetzt mit 366 Milliarden $in der Branche einen neuen Jahresrekord geknackt hat, obwohl das Jahr noch gar nicht um ist. Dass die Zahl der Transaktionen nicht im selben Ausmaß gestiegen ist, zeigt, dass die Deals größer wurden. Das liegt auch daran, dass die Kurse der Biotech-Aktien in den letzten Jahren stark gestiegen sind, wodurch auch die Übernahmepreise anzogen. Da es nun nicht mehr viele große Biotechfirmen zum Übernehmen gibt, treibt das die Kurse weiter.